Wirtschaft ohne Geld – Die Befreiung von der Unmündigkeit
17.12.2008 von michey
Ist Wirtschaft ohne Geld möglich?
In unserem allgemeinen Verständnis von Wirtschaft gehört das Bezahlen mit Geld ganz selbstverständlich dazu. Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass Geld vorhanden sein muss, damit eine Wirtschaft mehr sein kann als eine reine Tauschwirtschaft. Die Bedeutung von Geld wird dann sichtbar, wenn die meisten Menschen nur wenig Geld haben und wenn sie es sich dann über Kredite Geld leihen müssen, um überleben zu können. Die Zinslast dieser Kredite wird für die Mehrheit Menschen mit der Zeit immer erdrückender. Irgendwann übernimmt dann der Staat die Kredite der Menschen bis auch er die Zinslast dieser Kredite nicht mehr tragen kann und der gesamte Wirtschaftskreislauf zusammenbricht. Meist fordert dieser Zusammenbruch viele Menschenleben und im schlimmsten Fall ist der Krieg das Mittel, um den „Reset“ Knopf des Wirtschaftskreislaufs zu drücken und einen Neustart des Systems durchzuführen. Mir stellt sich angesichts dieser Tatsache die Frage, wie sich jeder einzelne dieser Tödlichen Spirale entziehen kann.
Geld regiert die Welt … und wer regiert das Geld?
Jeder kennt den schönen Spruch „Geld regiert die Welt“. Es stimmt wirklich. Geld regiert die Welt. Wer das Geld macht, oder wie es in Fachkreisen heißt „wer das Geld schöpft“, der regiert das Geld. Immer wenn es um die Schöpfung von Geld geht, dann geht es letztendlich um Macht. Diejenigen, die das Geld schöpfen, können bestimmen, wer das Geld bekommt, um sich davon zum Beispiel Lebensgrundlagen kaufen zu können.Geldschöpfung ist ein Bereich in unserer Gesellschaft, in dem Demokratie nicht existiert.
In unserer Gesellschaft existieren bereits Initiativen, die an den Möglichkeiten arbeiten, die „Geldschöpfung“ oder genauer gesagt die Schöpfung von Gutscheinen zu demokratisieren, also in die Hände der Bevölkerung zu legen. Viele Regionalgeldinitiativen arbeiten an Möglichkeiten hierfür. Es bleibt aber weiterhin das Problem: Wer entscheidet, wer das geschöpfte Geld bekommt und welche Person entscheidet über die Geldschöpfung. Der Kampf um die Macht geht also weiter, auch wenn er hier demokratischer, mit mehr Menschlichkeit und im kleineren Maßstab geregelt wird.
Geben und Nehmen – Befreiung vom Käfig im Kopf
Die dicksten Ketten, die uns hier in Europa gefangen halten existieren lediglich in unseren Köpfen und die dickste aller Ketten ist die Angst. Was wäre, wenn wir für einen kurzen Augenblick diese Ketten einfach ablegen?
Stellen wir uns vor, die meisten Menschen würden nach dem Leitsatz handeln, dass Geben und Nehmen im Gleichgewicht sein müssen. Die meisten Menschen würden sich abends, bevor sie sich schlafen legen überlegen, von wem sie am heutigen Tag genommen haben, und wem sie gegeben haben. Ich beziehe das nicht lediglich auf Geld, sondern auch darauf, wie oft sie anderen geholfen haben und von wem ihnen geholfen wurde. Wie würde eine solche Gesellschaft aussehen?
Ich versetze mich mal gedanklich in eine solche Gesellschaft. In dieser gedachten Gesellschaft würde ich persönlich morgens aufstehen, würde erst einmal gemütlich frühstücken. Danach würde dann meine Arbeit beginnen. Was würde ich Arbeiten? Ganz einfach. Ich weiß zum Beispiel, dass der Strom bei mir nicht einfach aus der Steckdose kommt. Ich kenne einige Leute, bei den Stadtwerken, die mich gefragt haben, ob ich ihnen nicht bei ihrer Arbeit helfen könnte. Da ich Ingenieur bin und da ich Energieanlagen interessant finde, arbeite ich einige Stunden am Tag daran, dass Strom aus der Steckdose kommt. Ich kenne auch noch einige Leute, die mich darum gebeten haben, bei der Konstruktion einer Maschine mit zu helfen, und da mich dies auch interessiert, helfe ich auch dort einige Stunden mit. Danach mache ich Feierabend hole mir bei einem Lebensmittelhändler, den ich auch kenne, etwas zu essen ohne zu bezahlen und Fahre nach Hause. Ich habe kein schlechtes Gewissen, wenn ich mein Essen nicht bezahle, weil ich weiß, dass auch der Lebensmittelhändler Hilfe bei seiner Arbeit erhält. Mein Nachbar zum Beispiel Hilft dem Bauern in unserer Nähe bei der Arbeit, wenn der Bauer ihn fragt, weil mein Nachbar Pflanzen mag.
Und was wäre mit denen, die lediglich von anderen nehmen? Die Gesellschaft könnte dies ohne Schwierigkeiten verkraften und wer weiß? Vielleicht wird auch ein Mensch, der nur von anderen nimmt, Dinge tun, die ihm Spaß machen und die anderen nutzen, ohne dass dies beabsichtigt ist …
… Ihr denkt, dass das dieses Gedankenspiel nicht funktioniert?
Dann überlegt Euch mal, wie oft Ihr schon Eurem Nachbarn oder Freunden geholfen habt und wie oft am Tag andere etwas für euch tun, ohne dass dabei Geld im Spiel ist. – Es funktioniert bereits.
Auf die Bezahlung durch andere zu warten heißt, zur Unmündigkeit und Untätigkeit verdammt zu sein. Sobald ein Mensch aber damit beginnt, die Dinge die er tut, nicht von der Bezahlung durch andere abhängig zu machen, öffnen sich ihm viele neue Möglichkeiten. Ein Mensch sollte eine Handlung deshalb tun, weil er es will und wenn diese Dinge auch anderen nutzen, dann ist es um so besser. Genau hier ist ein Umdenken nötig.
Welche Voraussetzungen sind für eine Wirtschaft ohne Geld nötig?
Die Voraussetzungen für ein Wirtschaften ohne Geld werden im folgenden in Form von Handlungsmaximen beschrieben. Diese Handlungsmaximen können von jedem Menschen zu jeder Zeit gelebt werden und erfordern nicht, dass alle Menschen sich daran halten.
- Der Aufwand des Gebens und Nehmens sollte stets miteinander im Gleichgewicht sein.
- Der Leistungsnehmer soll sich vor Erbringung der Leistung erkundigen, welcher Aufwand hinter der erbrachten Leistung steht, damit er den Aufwand hinter dieser Leistung einschätzen kann.
- Der Leistungsgeber soll sich vor der Zusage der Leistung darüber im Klaren sein, wie viel Aufwand hinter einer Leistung steht und ober er sie auch erbringen kann.
- Eine Leistung soll nur dann gegeben werden, wenn diese zur Erschaffung und Nutzung von Lebensgrundlagen dient und nicht sinnlos verschwendet wird.
- Eine Leistung soll nur dann angenommen werden, wenn diese zur Erschaffung und Nutzung von Lebensgrundlagen dient und nicht sinnlos verschwendet wird.
- Geld ist lediglich eine Ware.
- Als Maß für den Aufwand kann die Arbeitsstunde genommen werden.
- Leistung muss bevorzugt durch Technik unterstützt oder erbracht werden, um Menschen zu entlasten.
- Ressourcen müssen erschaffen und gepflegt werden, Stoffkreisläufe müssen geschlossen sein.
- Das Konzept der Schuld wird abgelehnt, da es dazu führt, dass Menschen die Leistungen anderer nur widerwillig annehmen.
Fortsetzung des Artikels …
Wirtschaft ohne Geld – Die Befreiung von der Unmündigkeit II
Hallo Michey,
Ich stimme dir zu. Als ich gestern nach einem Gespräch über Geld im Bett lag, malte ich mir womöglich die selbe Welt aus, wie du sie hier beschreibst. Und ich bin absolut deiner Meinung, dass es möglich ist.
Wenn das Geld weg wäre, dann würde die dahinterstehende Macht und die von dieser abhängig gemachten Illusion von Anerkennung (der „Wert“ eines Menschen) ebenfalls verschwinden. Jeder könnte rein theoretisch machen, was er will. Jedoch wäre in dieser Gesellschaft auch das individuelle Bewusstsein anders ausgerichtet. Allen Menschen wäre klar geworden, dass Besitz, Trägheit und Egoismus NICHT GLÜCKLICH machen.
Also würden auch harte Berg-, Produktions- oder Ackerbauarbeiten erledigt, genau wie beispielsweise in einer WG alle zusammen den Haushalt führen. Jener wäscht die Kleider, der andere räumt den Wohnraum auf und wieder ein anderer repariert die defekte Schranktür…
Dieses WG-Zusammenspiel wäre global möglich. Firmen würden gnau so weiter existieren, jedoch ohne Finanzmarkt im Rücken. Die Leute würden für eine Firma arbeiten kommen, weil sie gerade Zeit haben und weil der Leiter der Firma motiviert hinter seinem Produkt oder seiner Dienstleistung steht. Und die Internet-Platform könnte als Anschlagbrett dienen.
Z.B. hat Peter gerade keine Arbeit zu erledigen. Also geht er im Internet nachschauen, wer, für was und wo gerade Arbeitskräfte brauchen könnte. Da entdeckt er eine Firma, die Computer herstellt, geht hin, lässt sich von motivierten Informatikkennern ausbilden und ist nach einer gewissen Zeit in der Montage von LCD-Bildschirmen tätig. Dabei sei klar gesagt, dass es keinen Druck mehr gibt, weil das Profitdenken mit dem Geld aus der Welt radiert ist. Niemand muss in einer zeitlichen Frist irgendwas leisten, da der Konkurrenzdruck weggeblasen ist.
Klar gibt es Grundbedürfnisse, wie Nahrung oder ein Dach über dem Kopf, die befriedigt werden müssen. Aber die erledigen die Menschen aus sich selbst heraus, ohne Gelddruck, weil sie wissen, dass sie Notwendigkeit haben. In jedem Bereich, von Ackerbau und Viehzucht bis Immobilienbau und -unterhalt gibt es Menschen, die diese Arbeit gerne machen. Und die heute noch als Drecksarbeit bezeichneten !UNTERBEZAHLTEN! und belächelten einfachen Jobs wären in einem ganz anderen Licht, weil die Leute nur für eine gewisse Zeit dieser Beschäftigung nachgehen würden. Mehrere Männerträume gingen Fritz in Erfüllung, wenn er beispielsweise Baggerfahren lernen würde, ein Jahr später in einer Werkstatt Maschinen bauen und reparieren dürfte und wenn er dies gesehen hätte, er sich im Dachdecken versuchen könnte.
Alles ohne Stress, und es könnte tatsächlich funktionieren.
Gruss tm
Hallo tm,
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Komplementärwährung „Ecosimia“, die in Ecuador, den Menschen in vielen ländlichen Regionen das Leben erleichtert. Die Transaktionen werden dabei in Form von Schecks verrechnet und bei der lokalen Bank auf eine Art Konto eingetragen. Dabei haben die Beträge der Konten lediglich eine statistische Bedeutung und dienen als eine Art soziales Gewissen. Sie erfüllen somit den Zweck des Geldes, über die Preisbildung anzuzeigen, ob für ein Produkt Überfluss oder Mangel herrscht. Diese Informationsübermittlung des Geldes ist für einen freien Markt wichtig. Schulden oder Guthaben, wie sie bei uns üblich sind, gibt es bei Ecosimia nicht.
Viele Grüße,
michey