Über den Sinn von kleinen Parteien
11.04.2009 von michey
Was soll ich bloß wählen?
Wer kennt die Frage nicht: „Welche Partei soll ich bloß wählen?“ Wer hat nicht schon mal den Spruch gehört: „Kleine Parteien wählen bringt überhaupt nichts, weil die ja sowieso nicht in den Bundestag kommen.“ Ist es wirklich so, dass es nichts bringt, einer kleinen Partei seiner Wahl die Stimme zu geben? Wer hat den Leuten eigentlich eine solche Denkweise beigebracht? Ganz gleich wer es war, er war offensichtlich sehr erfolgreich. Das Resultat sehen wir in unserer Politik: Wir haben zwei Blockparteien, die sich in ihren Ansichten kaum unterscheiden und die Menschen sind unzufrieden und jammern einem die Ohren voll. Ich höre oft den Spruch: „Es ist sowieso egal, was man wählt, weil die sowieso machen was sie wollen.“ Das mag sicher stimmen, aber warum sollten die, wer immer das auch sein mag, denn nicht machen, was sie wollen. Sie werden doch ohnehin immer wieder gewählt. Es ist irgendwie schon ein Dilemma und die Gedanken drehen sich im Kreis. Einerseits beschweren sich die Leute, andererseits wählen sie dann immer wieder die großen Parteien.
Wenn sich meine Gedanken im Kreis drehen, dann ist das meist ein Zeichen dafür, dass ich einige Informationen nicht berücksichtigt habe und dadurch die Kette meiner logischen Schlussfolgerungen irgendwo durchbrochen ist.
Ab besten, ich zäume das Pferd von einer anderen Richtung auf.
Wozu ist denn eine Partei eigentlich gut? Laut des Artikels bei Wikipedia über Parteien haben Parteien folgende Aufgaben:
- Rekrutierung von Personal und Aufstellung von Kandidaten für politische Ämter
- Formulierung von Interessen
- Verbindung zwischen Staat und Bürger
- Entwicklung von politischen Programmen
- Aufstellen und Einflussnahme auf die Regierung
- Sicherstellen der Verantwortlichkeit von Entscheidungsträgern
Welchen Sinn hätte also zum Beispiel eine „Partei der Katzenliebhaber“? Ich hoffe, dass diese Partei jetzt frei erfunden ist. Sollte es doch eine Partei der Katzenliebhaber geben und sollte sich diese Partei sich wegen der Erwähnung in diesem Text gestört fühlen, dann sollte sie mir das mitteilen und ich werde den Namen ändern in „Partei der Züchter von Osterglocken“ – wie auch immer. Ich möchte die Aufgaben einer jetzt mal am Beispiel der „Partei der Katzenliebhaber“ darstellen.
- Die Partei (der Katzenliebhaber) wird wahrscheinlich redegewandte Katzenliebhaber als Kandidaten aufstellen, die die Ziele der Parteimitglieder gut formulieren können. Wenn sie das nicht schafft wird es ohnehin ziemlich peinlich.
- Bürger, die sich für Katzen engagieren möchten, haben in der Parteibasis die Chance, sich zu vernetzen. Vernetzung ist eine wichtige Funktion von Parteien, die in der Bevölkerung oft viel zu wenig bekannt ist.
- Alle engagierten Katzenliebhaber werden im Netzwerk der Partei viel Know-How ansammeln, das für die Vertretung der Interessen von Katzenliebhabern notwendig ist. Hat ein Katzenliebhaber Schwierigkeiten, zum Beispiel wegen einer Mangel an Veterinärmedizinern, kann über das Netzwerk der Katzenliebhaber leicht in Eigeninitiative eine Lösung gefunden werden.
Vor allem weil die Partei ziemlich klein ist, werden sich Lobbyisten für diese Partei nicht wirklich interessieren. Die Wahrscheinlichkeit ist hier also sehr hoch, dass wir es bei den Amtsträgern in der Partei mit Katzenliebhabern zu tun haben. Diese Katzenliebhaber werden sich sehr wahrscheinlich für das Wohl von Katzenliebhabern und deren flauschigen vierbeinigen Freunden einsetzen und nicht für das Wohl irgendeines multinationalen Konzerns oder einer Bank.
Sollte die Partei der Katzenliebhaber wider Erwarten auch nur einen Sitz im Bundestag oder im Landtag bekommen, so wäre die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass nun mindestens ein Abgeordneter ein Katzenliebhaber ist, der die Interessen von Katzenliebhabern & Co. vertritt und nicht die Interessen von Firmen und deren Lobbyisten im Hintergrund.
Dieser Abgeordnete wird zudem nicht nur anwesend sein, wenn im Bundestag über Tierschutz debattiert wird sondern auch, wenn über Arbeitslosigkeit, Krieg und ähnliches gesprochen wird. Dieser Abgeordnete darf auch im Bundestag abstimmen, wenn es zum Beispiel um Verfassungsänderungen geht. Dieser Abgeordnete, der kaum an die Interessen von Lobbyisten gebunden ist, wird außerdem z.B. in Interviews viele interessante Sachen zu erzählen haben.
Fazit
Ganz gleich, wie klein eine Partei ist, ist sie dennoch sinnvoll, soweit sie am Gemeinwohl orientiert ist, die Menschenwürde achtet und nicht nur irgendwelche Machtansprüche durchsetzen will.
Parteien sind vor allem ein Forum, in dem sich Menschen vernetzen können, um in Kooperation gemeinsam ihre Umgebung aktiv zu gestalten. Hier liegt vor allem der Sinn der Parteien. Die Besetzung von politischen Ämtern ist ohnehin zweitrangig, da Politik lediglich die Tendenzen verstärkt, die ohnehin in der Gesellschaft zu finden sind. Viele Menschen denken, dass Politik im Parlament oder in den Firmenzentralen der großen Konzerne gemacht wird, aber das ist ein Mythos. Bewegungen in der Gesellschaft gehen immer von der Geisteshaltung der Außenseiter in der Bevölkerung aus, auch wenn das Resultat hier nicht vorhersehbar ist. Politik ist hier lediglich ein selbstverstärkender Faktor im komplexen System der Gesellschaft. Darum bin ich persönlich der Meinung:
Wählt die Partei, die Euch am meisten am Herzen liegt und wo Ihr einen guten Eindruck von den Leuten habt, die in der Parteibasis zu finden sind. Achtet nicht zu sehr auf die Größe der Partei, denn sonst lauft Ihr doch nur dem prognostizierten Wahlergebnis hinterher, von dem Euch andere sagen, dass es sinnvoll ist. Seid beim Wählen wachsam, flexibel und wenn Euch irgend etwas an einer Partei nicht mehr passt, dann wählt eine andere Partei, mit deren Ziele Ihr Euch anfreunden könnt. Vielfalt in der Politik ist nicht schlecht. Mit Gleichschaltung dagegen, haben wir bereits historisch schlechte Erfahrungen gemacht.