Vertrauen schaffen in optimalen Unternehmen
29.03.2009 von michey
Die Grundlage des Vertrauens in optimalen Unternehmen
Angenommen drei Ingenieure, ein Kaufmann und ein Handwerker entwickeln gemeinsam in einem Workshop eine mobiles Micro-Wasserkraftwerk. Diese fünf Personen sind selbständig und voneinander unabhängig. Weiterhin haben diese Personen keinen Vertrag abgeschlossen, der regelt, wie die Gewinne aus dem Projekt verteilt werden. Es besteht auch kein Vertrag, der irgendeine Verpflichtung der Teilnehmer beinhaltet. Diese fünf Personen bilden ein Optimales Unternehmen. Sie handeln wie ein großes Unternehmen, sind aber völlig unabhängig voneinander. Kann ein solches Projekt überhaupt funktionieren? Warum betrügt keiner der Beteiligten die anderen? Nach unserem herkömmlichen Verständnis von Wirtschaft dürfte es ein solches Projekt gar nicht geben, weil doch jeder der Beteiligten als Homo Oeconomicus seinen maximalen Vorteil suchen müsste. Kann es vielleicht sein, dass alle Beteiligten doch ein Stück weit ihren materiellen und auch menschlichen Vorteil suchen und sich deshalb nicht gegenseitig betrügen? Was wäre der Grund dafür?
Die Zugänglichkeit des Wissens
Schaut man sich dieses Optimale Unternehmen genauer an, so fällt auf, dass alle Beteiligten gemeinsam eine Wissensdatenbank in Form eines Wikis eingerichtet haben. Sämtliches Wissen, das aus der Entwicklung des Micro-Wasserkraftwerks gewonnen wurde, ist in dieser Datenbank für alle Beteiligten uneingeschränkt zugänglich. Die gemeinsame Datenbank erleichtert einerseits die selbstorganisierende Aufgabenverteilung, andererseits ist sie die Grundlage der Transparenz des Projekts.
Jeder der Beteiligten könnte, wenn er es wollte, das Wissen aus der Datenbank mit sich nehmen und aus dem Projket aussteigen. Allerdings würde derjenige, der aussteigt damit allen Beteiligten und auch sich selbst massiv schaden. Zum einen könnte der Aussteiger nicht mehr auf die Hilfe der anderen Projektbeteiligten zählen und zugleich würde er damit nicht die anderen Projektpartner daran hindern, das Projekt weiter zu entwickeln. Der Aussteiger würde alleine dastehen und all die Arbeit, die er in das Projekt gesteckt hat, wäre lediglich gut für sein Archiv, um ein einem Aktenordner Staub anzusammeln.
Auch Konkurrenzfirmen, die an dem Wissen des Aussteigers vielleicht interessiert wären, könnten dieses Wissen lediglich dazu benutzen, um der Entwicklung in dem optimalen Unternehemen hinterherzurennen. Da das optimale Unternehmen in seiner Entwicklung ohnehin viel schneller ist, wäre dieses Wettrennen für die Konkurrenzfirma von vornherein verloren.
Fazit
Die Transparenz des Projekts ist hier die Grundlage dafür, dass Kooperation und Sachorientierung zum Vorteil für alle Beteilgten wird. Information haben zudem eine sehr schöne Eigenschaft, die sie zu etwas ganz besonderem macht. Ein guter Freund von mir pflegt immer zu sagen: „Information ist etwas, das mehr wird, wenn man es teilt.“
Aus meiner praktischen Erfahrung mit diesem Konzept hat sich gezeigt, dass optimale Unternehmen, die ihre Projekte transpatent organisieren, sehr krisenfest sind, selbst wenn es die Krise an den Rand der Existenz geht.
Verstehe ich richtig, dass das Wissen nur unter den Beteiligten frei zugänglich ist in diesem Modell? Open Source, d.h. das öffentlich zur Verfügung stellen des Wissens ist keine Option?
Open Source für die allgemeine Öffentlichkeit ist in diesem Modell keine Notwendigkeit, ist aber durchaus eine Option, wenn man die Technologie von der Leine lassen will. Es ist aber durchaus sinnvoll, eine Idee vorerst geheim zu halten, bis man zum Beispiel eine Erfindung ausführlich genug beschrieben hat, um sie dann zu einem Zeitpunkt zu veröffentlichen. So erschwert man zum Beispiel Patenthaien, triviale aber funktionswichtige Folgepatente anzumelden, bevor die Erfindung überhaupt zu Ende gedacht ist. Auch zum Zweck der Technikfolgenabschätzung kann eine Geheimhaltung erst mal erforderlich sein, bis die wesentlichsten Technikfolgen durchdacht und ebenfalls zur Publikation formuliert sind.
Ok, scheint mir sinnvoll zu sein, so wie Du die Handhabung einer kompletten Veröffentlichung beschreibst.
(Übrigens wäre es nett, wenn man die Beiträge „abonnieren“ könnte, welche man kommentiert hat. Gibt entsprechende Plugins für WP.)
Ich finde dein Beispiel sehr spannend, kann mir aber auch viele Fälle vorstellen, wo die benannte Zusammenarbeit _so_ nicht stattfinden kann. Zum Beispiel
– Es gibt unterschiedliches Engagement/ Wissen der Fachleute, so dass sich einzelne ausgenutzt fühlen, etwa weil sie sich für das Projekt stärker einsetzen, aber nicht anteilmäßig mehr profitieren.
– Einzelne Teilnehmer nutzen zwar das Wissen der anderen, kochen damit aber (evtl. mit Konkurrenten) ihr eigenes Süppchen. Wieso dies grundsätzlich ein Hinterherrennen sein sollte, leuchtet mir nicht ein.
Ich denke: Das ganze Projekt lebt vom Vertrauen und dem Respekt vor den Leistungen des anderen, dies hat Vor- und Nachteile.
Kleine Gruppen können dieses Vertrauen eher aufbauen (auch das ist wohl eine spezielle Art „Arbeit“), aber sicher gibt es auch eine Reihe Projekte, die eher durch größere (Fach-) Gruppen angegangen werden können, oder??
Die Einwände in Deinem Kommentar sind durchaus schlüssig.
Ich möchte hier aber gleichzeitig einige Annahmen treffen, die meinen Text vielleicht verständlicher machen. 1: Jeder Teilnehmer an dem Projekt tut das, was er macht nur für sich. Derjenige, der viel leistet, erzeugt einen großen Wissensschatz. Ob nun andere davon Profitieren, ist ihm gleichgültig. Warum soll man anderen vorschreiben, was sie tun sollen? 2: Jedem steht es frei, das erworbene Wissen auch in anderen eigenen Projekten zu nutzen. Es muss ja nicht gleich die direkte Konkurrenz sein, was ohnehin bloß das Vertauensverhältnis zerstört und die Kooperation behindert. 3: Allein das mitgebrachte Wissen reicht nicht aus, dass ein Konkurrent ein Produkt einfach mal eben schnell nachbaut. Es gehört trotzdem viel Know-How dazu, das gleiche Produkt selbst auch anzubieten. Die Produktion aufzubauen kostet Zeit. Dadurch entsteht das Hinterherrennen. Außerdem ist das entwendete Wissen noch kein Vorteil des Konkurrenten, lediglich ein Aufholen. Das Wissen ist ja nicht neu. Außerdem kommt der Konkurrent vielleicht dadurch auf interessante neue Lösungen, von denen man selbst wiederum lernen kann.
Teilnehmer, die nicht vertrauenswürdig sind, werden von vornherein nicht in das Projekt geholt.
Jemand der überhaupt nicht mitarbeitet verliert schnell den Anschluss und versteht irgendwann sowieso nichts mehr von dem Projekt und das macht irgendwann keine Freude mehr. So fallen ungeeignete Leute aus dem Projekt. Der ganze Projektaufbau ist selbstorganisierend, neigt aber dazu, bei der Überschreitung einer gewissen Größe in Einzelteile zu zerfallen.
Größere Fachgruppen bilden sich meiner Ansicht nach eher dann heraus, wenn Projekte durch finanzstarke Investoren mit großen Kaptialmengen vorangetrieben werden. Hier sind große Projektgruppen notwenig, die keinesfalls zerfallen dürfen, was eine hierarchische Organisationsstruktur notwenig macht.
Ergänzung zum Artikel „Vertrauen Schaffen in optimalen Unternehmen“:
Ich wurde durch einen Freund auf eine Möglichkeit hingewiesen, das Vertrauen in einem Optimalen Unternehmen zu untergraben.Diese Möglichkeit möchte ich hier schildern und dazu gleich einen Lösungsweg aufzeigen:
Eine Möglichkeit des Untergrabens des Vertrauens besteht dann, wenn in einem Optimalen Unternehmen zum Beispiel ein mobiles Micro-Wasserkraftwerk anwendungsreif entwickelt wurde und kein Gebrauchsmuster auf dieses Micro-Wasserkraftwerk angemeldet wurde. Hier wäre folgender „Super GAU“ denkbar. Ein Mitglied des Projekts geht mit den Projektinformationen zu einer Konkurrenzfirma und unterstützt die Konkurrenzfirma dabei, ein Patent auf das Micro-Wasserkraftwerk oder wichtige Folgepatente anzumelden. Die Konkurrenzfirma kann somit jederzeit die Markteinführung durch eine Unterlassungsklage erzwingen und Geld erpressen. Die Umgehung dieser Patente durch Neuentwicklung oder durch den Beweis fehlender Erfindungshöhe oder fehlender Neuheit wird dann für das optimale Unternehmen sehr kräftezehrend.
Darum empfehle ich, bevor ein Projekt gestartet wird, dass der Urheber des Projekts das zu entwickelnde Produkt erst einmal mathematisch modelliert und durchrechnet. Anhand dieser Berechnungen werden meist die wesentlichen Fragestellungen der Entwicklung sichtbar. Dieses Fragestellungen können dann mit technischen Lösungen beantwortet werden. Diese Technischen Lösungen sind dann wiederum die Basis der Patentrecherchen und der Gebrauchsmusteranmeldung. Das Gebrauchsmuster wird dann vom Urheber der Idee VOR dem Projektstart durch ein Gebrauchsmuster geschützt.